Republikanische Legitimität und politische Philosophie heute

Raulet betont die Relevanz und Aufgabe der politischen Philosophie gegenüber der von Habermas als Rationalitätsanker ins Feld geführten Soziologie einerseits sowie gegenüber den auf den Zerfall kollektiver Normen antwortenden Cultural Studies andererseits. Wie kann auf die ernüchternden Auswirkungen von 1968, die Durchsetzung des liberalen Individualismus, anders als mit der inzwischen dominanten Moralphilosophie geantwortet werden? In einer intensiven Auseinandersetzung mit den Theorien von Rawls, Habermas, Lyotard und Honneth formuliert Raulet die Bedingungen von politischer Öffentlichkeit in der Zeit des globalisierten Neoliberalismus. Nach wie vor bleibt der Knoten das Bekenntnis des Staatsbürgers, des Citoyen, zur kollektiven Sache dessen, wofür die vorliegenden Studien keine bessere Bezeichnung zu geben vermögen als „Republik“: die Angelegenheit aller – genauer: die allgemeine Sache, die so etwas schafft wie ein gemeinschaftliches Telos, wenn auch kein erklärtes gemeinschaftliches „Programm“.

Über die Autor:innen

Prof. Dr. Gérard Raulet ist emeritierter Professor an der Universität Paris-Sorbonne (Sorbonne Université). Von 1999 bis 2003 war er Direktor des Forschungszentrums „Zeitgenössische politische Philosophie“ am Centre National de la Recherche Scientifique und an der Ecole Normale Supérieure de Lettres et Sciences humaines. Zuletzt erschienene Bücher: Das kritische Potential der philosophischen Anthropologie. Studien zum historischen und aktuellen Kontext (2020); Politik des Ornaments (2020).

Gérard Raulet erhielt 2023 den Helmuth-Plessner-Preis der Stadt Wiesbaden.