Widersprüche Heft 159

Wir bestimmen Dich mit!

Partizipation als Konflikt

Die Rede von der Partizipation scheint im Kontext von Politik, aber auch Sozialer Arbeit allgegenwärtig. Selten geht es dabei jedoch um mehr als Legitimationsproduktion. In der Fachdiskussion finden sich diverse Stufenmodellen der Partizipation. Werden im Kontext der Dienstleistungsorientierung Sozialer Arbeit Konzepte der Nutzerbeteiligung propagiert, reduziert sich dies in der Praxis zudem häufig auf die Herstellung und Absicherung von Compliance in deren Erbringungsverhältnis. Diese Wechselwirkung von Partizipation und sozialer Ausschließung wird in den diversen, in der Fachdiskussion kursierenden Stufenmodellen der Partizipation nur unzureichend berücksichtigt. Nur allzu leicht geht dabei vergessen, dass sich hinter dem als Partizipation Bezeichneten unterschiedliche Modi der Regulation gesellschaftlicher Konflikte verbergen. Die Beiträge des Heftes beleuchten diese in diversen Feldern von Sozialer Arbeit und Politik.

Über die Widersprüche

Widersprüche: Zeitschrift fur sozialistische Politik im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich

Gesellschaft als „Diskurs der Wünsche” meint das Verfertigen des Sozialen im Prozess des sozialen Diskurses, nicht Unterwerfung unter vorgefertigte Normierungen.
(Niko Diemer, 1952 - 1992)


1981/82 gründeten Mitglieder der Arbeitsfelder Gesundheit, Sozialarbeit und Schule des Sozialistischen Büros die Zeitschrift Widersprüche. In dieser Zeit des grünen Aufbruchs und der radikalisierten konservativen Wende versuchten sie eine erste Standortbestimmung als Redaktionskollektiv: „Verteidigen, kritisieren, überwinden zugleich”. Unter dieser Programmatik wollten sie als Opposition dazu beitragen, die materiellen Errungenschaften des Bildungs- und Sozialbereichs zu verteidigen, dessen hegemoniale Funktion zu kritisieren und Konzepte zu ihrer Überwindung zu konkretisieren. Zur Überzeugung gelangt, dass eine alternative Sozialpolitik weder politisch noch theoretisch ausreichend für eine sozialistische Perspektive im Bildungs- und Sozialbereich ist, formulierten sie den ersten Versuch einer Alternative zur Sozialpolitik als Überlegungen zu einer „Politik des Sozialen”. An der Präzisierung dieses Begriffes, an seiner theoretischen und politischen Vertiefung arbeiteten sie, als die Frage nach der „Zukunft des Sozialismus nach dem Verschwinden des realen” 1989 auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Das Kenntlichmachen der „sozialen Marktwirtschaft” als modernisiertem Kapitalismus im Westen und Kapitalismus „pur” im Osten erleichtert zwar die Analyse, gibt aber immer noch keine Antwort auf die Frage nach den Subjekten und Akteuren einer Politik des Sozialen, nach Kooperationen und Assoziationen, in denen „die Bedingung der Freiheit des einzelnen die Bedingung der Freiheit aller ist” (Kommunistisches Manifest).
Wer in diesem Diskurs der Redaktion mitstreiten will, ist herzlich eingeladen.