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Making History

Zu Geschichte von links und zur Geschichte von Linken

Geschichtsschreibung und Geschichtsdeutung sind Teil von Herrschaft. Ab wann Marxismus, meist in der Form des Marxismus-Leninismus, zu einer verdinglichten "Theorie" wurde, ist Teil der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Linken. Im Realsozialismus wurde "Sozialismus" zum Herrschaftswissen, das mühsam vom Eispanzer befreit werden musste und muss, während zugleich in den kapitalistischen Staaten Frauen und andere das Nebenwiderspruchsdenken linker Theorie und die patriarchalen Strukturen in linken Gruppen und Parteien bekämpften. Eine Auseinandersetzung/Kampf, der bis heute andauert.

Eine Abwendung vom Marxismus ist zumindest in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein politisch-ideologisches transnationales Momentum bei Neuen Sozialen Bewegungen, egal ob es sich dabei um Umweltbewegungen, die den linken Fortschrittsoptimismus kritisierten, die autonomia operaia in Italien oder die niederländische Schwulen- oder Frauenbewegung handelte.

Doch stellt sich insgesamt die Frage: Was ist eigentlich "Geschichte von links"? Und wie lassen sich die Auseinandersetzungen darum in "die Geschichte von/der Linken" einordnen? In den vorliegenden   historischer Reflexionen werden zum einen Herausforderungen beleuchtet, die herrschaftskritische Geschichtsarbeit mit sich bringt. Und zum zweiten werden konkrete Beispiele für vier "Bewegungen" exemplarisch dargestellt.

Über die Herausgeber:innen

Susanne Boehm, Historikerin, ist wiss. Mitarbeiterin im SFB 1567 Virtuelle Lebenswelten der Universität-Bochum; Forschungs- und Lehrtätigkeiten in den Feldern Geschlechtersoziologie und Bildungswissenschaften mit den Schwerpunkten Scientific Reasoning und Wissenschaftskonzepte, forschungsorientierte Lehr-Lernsettings, Politiken Neuer Sozialer Bewegungen, Intersektionalität, Bildung und Inklusion.

Jule Ehms studierte Geschichte und Philosophie an der LMU Halle, der Universität Wien und an der University of Notre Dame (USA) und promovierte 2021 am Institut für Soziale Bewegungen zur Betriebsarbeit der syndikalistischen Freien Arbeiter-Union Deutschlands; weitere Forschungs- und Lehrtätigkeiten in den Bereichen Geschichte und Theorie der Arbeiter:innenbewegung, Erinnerungsgeschichte und marxistische Philosophie.

Bernd Hüttner, geb. 1966, Politikwissenschaftler, Referent für Zeitgeschichte und Geschichtspolitik der Rosa Luxemburg Stiftung. Koordinator des Gesprächskreises Geschichte der RLS. Interessengebiete: Geschichte und Geschichtsschreibung der neuen sozialen Bewegungen und der undogmatischen Linken, freie Archive der sozialen Bewegungen, künstlerische Avantgarden 1890-1933.

Robert Kempf, promovierter Historiker, verdient seinen Lebensunterhalt außerhalb der Wissenschaft. Er wünscht sich, dass das gesellschaftskritische Potenzial der Geschichtswissenschaften stärker genutzt und reflektiert wird. Über die realen Verhältnisse im akademischen Betrieb macht er sich jedoch keine Illusionen.