Widersprüche Heft 177

Soziale Arbeit und Polizei

Spammungen, Relationierungen und Interdependenzen

Ausgangspunkt von Heft 177 ist die breite Diskussion über institutionelle und professionsbezogene Neujustierungen im Verhältnis von Sozialer Arbeit und Polizei. Überwiegend wird darin konstatiert, dass Differenzlinien aufgeweicht würden und eine Kooperation der beiden Instanzen als fachlich notwendig oder gar unhintergehbar erachtet wird. Dieser Diskurs, die Entwicklungen und Bezugspunkte der beiden Instanzen werden in der analytisch-programmatischen Dimension kritisch diskutiert, etwa mit Blick auf eine drohende Subordination Sozialer Arbeit unter polizeiliche Rationalitäten – gerade im Kontext zunehmend ordnungspolitischer und auf Risikominimierung ausgerichteter Praxen.

Der Schwerpunkt der Beiträge liegt auf empirischen Untersuchungen und Reflexionen aus der Praxis. Diese befassen sich mit Aushandlungen über Deutungen und Praktiken der Polizierung der Adressat:innen Sozialer Arbeit in den Organisationen, im öffentlichen Raum sowie mit Antworten, die die Soziale Arbeit darauf liefert. In diesen Interaktionen zwischen den Akteur:innen der Sozialen Arbeit, ihren Adressat:innen und der Polizei spielen Konflikte um Differenzen, Zugehörigkeiten, Diskriminierungen und Abwertungen eine zentrale Rolle. 

Über die Widersprüche

Widersprüche: Zeitschrift fur sozialistische Politik im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich

Gesellschaft als „Diskurs der Wünsche” meint das Verfertigen des Sozialen im Prozess des sozialen Diskurses, nicht Unterwerfung unter vorgefertigte Normierungen.
(Niko Diemer, 1952 - 1992)


1981/82 gründeten Mitglieder der Arbeitsfelder Gesundheit, Sozialarbeit und Schule des Sozialistischen Büros die Zeitschrift Widersprüche. In dieser Zeit des grünen Aufbruchs und der radikalisierten konservativen Wende versuchten sie eine erste Standortbestimmung als Redaktionskollektiv: „Verteidigen, kritisieren, überwinden zugleich”. Unter dieser Programmatik wollten sie als Opposition dazu beitragen, die materiellen Errungenschaften des Bildungs- und Sozialbereichs zu verteidigen, dessen hegemoniale Funktion zu kritisieren und Konzepte zu ihrer Überwindung zu konkretisieren. Zur Überzeugung gelangt, dass eine alternative Sozialpolitik weder politisch noch theoretisch ausreichend für eine sozialistische Perspektive im Bildungs- und Sozialbereich ist, formulierten sie den ersten Versuch einer Alternative zur Sozialpolitik als Überlegungen zu einer „Politik des Sozialen”. An der Präzisierung dieses Begriffes, an seiner theoretischen und politischen Vertiefung arbeiteten sie, als die Frage nach der „Zukunft des Sozialismus nach dem Verschwinden des realen” 1989 auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Das Kenntlichmachen der „sozialen Marktwirtschaft” als modernisiertem Kapitalismus im Westen und Kapitalismus „pur” im Osten erleichtert zwar die Analyse, gibt aber immer noch keine Antwort auf die Frage nach den Subjekten und Akteuren einer Politik des Sozialen, nach Kooperationen und Assoziationen, in denen „die Bedingung der Freiheit des einzelnen die Bedingung der Freiheit aller ist” (Kommunistisches Manifest).
Wer in diesem Diskurs der Redaktion mitstreiten will, ist herzlich eingeladen.